Montag, 1. September 2014

Die röckliche Kommödie

Das Wetter wird wieder schöner, und ich bin, vielleicht deshalb, in Sachen Nähen gerade nicht wirklich motiviert. Letzte Woche habe ich mich dann aber aufgerafft und nicht nur gebacken, sondern tatsächlich auch genäht. 

Meine Mama hatte ein bisschen rumgejammert, sie habe ja einen ganzen Schrank voll "Nichts anzuziehen". Ihre Hosen gefallen ihr gerade nicht, und Röcke hat sie auch keine schönen, erst recht nicht für den bevorstehenden Winter. Da bin ich als weltbeste Tochter natürlich gleich losgezogen und habe einen Schnitt gekauft. Zu verspielt durfte es nicht sein. Auch nicht zu kurz oder gar zu lang. Der Bund bitte nicht zu schmal. Bürotauglich etc. pp. - ihr seht ich hatte absolute Narrenfreiheit bei der Schnittwahl. Geworden ist es dann der Schnitt 6895 von Burda.

Nach der Wahl des Modells ging es dann auf große Stoffsuche. Dazu müsst ihr wissen, dass die Farbpalette im Kleiderschrank meiner Mutter von einem erfrischenden Hellgrau, über ein kesses Mausgrau bis hin zu klassischem Schwarz rangiert. Und viel Muster ist auch nicht dabei - zu ausgeflippt. Auch bei der Stoffwahl konnte ich, wie der aufmerksame Leser bemerkt, aus dem Vollen schöpfen. 
Irgendwann habe ich aber beschlossen, dass ich ja auch irgendwie Heldin dieser röcklichen Kommödie bin, denn schließlich muss ich nähen, und habe dieses Stoff hier ausgesucht: 


Nachdem ich also Höllenkreis eins "Schnittmusterwahl" durchschritten hatte und auch den zweiten Kreis erfolgreich gemeistert habe, ging es jetzt in den dritten Kreis: Das Zuschneiden. Fragt mich nicht, was an dem Tag in meinem Kopf nicht zusammengefunden hat, aber ich musste die Schnittteile bestimmt fünfmal neu stecken, weil sie entweder zu eng (eine Nahtzugabe hätte nicht mehr geschnitten werden können) oder zu weit auseinander gesteckt waren. Oder nicht so, wie es der Plan beschrieb und dann passte nicht alles auf den Stoff. Ach war das eine Quälerei. 
Irgendwann passte dann alles, war geschnitten und geheftet und dann auch bald genäht. Woraufhin ich in den vierten Kreis trat, den des nahtverdeckenden Reißverschlusses. Jetzt wo ich das gute Stück tatschlich dreimal rausgetrennt und wieder eingesetzt habe, weiß ich, dass der Umgang mit den Dingern nur halb so wild ist. 
Jetzt kommt aber der erste richtig große Lacher und gleichzeitig auch Kreis Nummer fünf: Ich hatte den Bund geschnitten und auch schon Einlage aufgebügelt. Dann stecke ich den Bund an den Rock und stelle fest, dass er viel aber wirklich viel zu kurz ist. Man sah nur noch Schnittpläne und Nähanleitungen fliegen, erst weil ich rausfinden wollte, ob ich falsch geschnitten habe, dann musste ich nachschauen, ob ich vielleich häte den Rock einkräuseln sollen und dann einfach aus Wut. Ich weiß bis heute nicht, was genau da passiert ist. Jedenfalls habe ich dann am Rock gemessen und den Bund neu zugeschnitten. 
Als nächstes sah das Schnittmuster einen Schlitz im Rock vor. Glücklicherweise konnte mich ein kurzes Telefonat mit der Rockträgerin vor jenem sechsten Höllenkreis bewahren. Sicherlich wäre es nicht furchtbar kompliziert geworden, aber ich hätte mich doch in die Anleitung einfuchsenen müssen. Da Mama aber Schlitze an Röcken gar nicht so gerne mag, konnte ich diese Quälerei überspringen. Der Rock war dann auch ziemlich flott fertig genäht und ich sehr glücklich mit dem Ergebnis. Das Wochenende und somit meine Eltern konnten kommen.
Letzter Höllenkreis. Ich hatte meine Mama gebeten mir, bevor ich anfange zu nähen, ihre Maße durchzugeben. Demnach hätte ich eine Größe 44 nähen müssen. Da sie aber sonst irgendwo zwischen Größe 38 und 40 liegt, habe ich kurzerhand entschieden, 40 zu nähen. Die neue Besitzerin des Rocks steht also in meinem Wohnzimmer, probiert den Rock an und.... viel zu Groß! Das ist bei Burda wirklich immer so. Die Maße und Schnittgrößen weichen extrem von der eigentlich getragenen Größe ab. Selbst die ist dann aber immer noch viel zu groß. Dadurch, dass ich Bundeinlage verwendet habe, konnte ich jetzt zum Glück ein Gummi einziehen, was meine Mama sich ohnehin gewünscht hatte (bis dahin habe ich das aber einfach ignoriert). Als das Gummiband in den Bund eingezogen war, sah natürlich der Reißverschluss eher bescheiden aus. Und somit sind wir beim Klimax der röcklichen Kommödie angelangt: Den Reißverschluss, der mich einen ganzen Nachmittag Nerven gekostet hat, war am Ende für die Katz. 
Zusammengefasst sind von dem eigentlichen Schnitt nur die einzelnen Schnittteile übrig geblieben. Der Bund wurde durch einen Gummizug ersetzt, Reißverschluss und Schlitz komplett entfernt. Die Trägerin ist aber auf jeden Fall glücklich mit dem Ausgang dieses Werks. 



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